Kerstin erkundet mit dem Fahrrad die Welt



 
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2009: Von Hannover bis zum Schwarzen Meer: Ein Abenteuer, das Mut erfordert

20.07.2009: Ostrovu Corbului, Rumänien - ziemlich gruselig (90 Km gefahren)

Heute Morgen zum Frühstück wurde uns ein kleiner Teller mit einem Brötchen, ein Stück Butter und ein Klecks Marmelade gereicht. Nachbestellen ging nicht. Auch vom reichhaltigen Buffet der Fußballmannschaft etwas zu nehmen wurde uns nicht erlaubt. Also war für uns der erste Gang zum Bäcker des Ortes, wo wir uns für den Tag an Lebensmitteln eindeckten.

Hier in Serbien ist es eine der schönsten Gegenden auf dieser Reise.


Eine der schönsten Gegenden auf dieser Reise

Unterwegs trafen wir eine belgische Familie, der Mann und die beiden Söhne fuhren Fahrrad, die Frau steuerte den Servicewagen. Wir trafen diese Familie am Nachmittag noch einmal. Mittags machten wir Rast, bestellten einen Kaffee, die Milch zum Kaffee besorgte die Wirtin von der Nachbarsfrau.

Am frühen Nachmittag waren wir an der rumänischen Grenze, am Eisernen Tor. Der Grenzbeamte von Serbien machte zuerst Schwierigkeiten uns ausreisen zu lassen. Er wollte unbedingt von uns einen Nachweis haben, dass wir auch in Serbien übernachtet hatten. Auf der rumänischen Seite wurde extra eine weibliche Beamtin für uns geholt, die uns aber nur fragte, wohin wir wollten und uns dann passieren ließ. Beim Warten bekamen wir mit, dass eine Autofahrerin versuchte einen Kofferraum voll Hühner zu schmuggeln. Sie musste wieder umkehren.

Wir sind in Rumänien. Die Straßen sind kaputt, voller LKWs, viel Verkehr, es ist laut und fürchterlich. Als wir in einem Ort eine Pause machen wollten, kamen sofort einige Kinder zu uns und fingen an zu betteln. Keiner versteht deutsch oder englisch. Die im Reiseführer eingetragenen Hotels gibt es nicht mehr, eine Tourist-Info suchen wir vergebens. An den Straßen gibt es keine Schilder, die uns den Weg weisen.

Ständig kommen verwilderte Hunde auf uns zu und kläffen, wir sehen auch Hundekadaver an dem Straßenrand liegen. Es ist einfach nur gruselig hier, ich habe ziemliche Angst. Auch Annette ist total schockiert und möchte am liebsten mit dem Zug weiterfahren.

In dem Ort, in dem wir ursprünglich übernachten wollten ist das Hotel verfallen, ein Motel hat schon seit Jahren geschlossen. Der nächste Ort ist circa 80 Km entfernt. An Zelten ist nicht zu denken. Wir treffen die belgische Familie wieder. Glücklicher Weise hat die Familie ein Auto und kann zum nächsten Ort fahren, um dort zu fragen. Nach einiger Zeit gab es dann Entwarnung. In einer Pension gab es ein Zimmer für uns. Die Pension liegt direkt an der Donau, die Zimmer sind annehmbar, wir können im Biergarten Abendbrot essen.

Hier ist es übrigens eine Stunde später, wir haben also auch noch eine Zeitgrenze überquert. Morgen fahren wir erst einmal zum nächsten 80 km entfernten Ort weiter. Wenn sich das Chaos nicht bessert, nehmen wir den Zug oder fahren über Bulgarien weiter.


Begegnungen: Wir treffen die belgische Familie öfters auf unserer Tour




20.07.2009: Heute ist ein Tag, an dem ich hunderte von Fotos machen könnte...


Decebalus, der letzte König von Dakien im heutigen Rumänien herrschte von 87 bis zu seinem Tod 106


Die engste Stelle der Donau


Unsere Räder


Ich freue mich über die wunderschöne Gegend hier an der Donau


Der Tag neigt sich dem Ende zu ...



21.07.2009: Calafat, Rumänien - Horror pur (90 km gefahren)

Zum Frühstück gab es Spiegelei mit Tomaten und Schafskäse, dazu einen türkischen Kaffee. Ich glaube, bis zum Nachmittag war ich einfach nur satt.

Wir fahren weiter. Zwar ist die Hauptstraße sehr gut ausgebaut (EU-Mittel), an den Häusers am Straßenrand blättert aber die Farbe ab. Die Nebenstraßen sind unbefestigte Feldwege. Ziegen, Kühe, Schafe, Gänse und Schweine laufen frei herum. Die Bauern fahren noch ein Pferdegespann und bringen so ihre Ernte heim. Es ist eine völlig andere Welt hier. Wenn ich mir vorstelle, dass ich 1.715 km (kürzeste Strecke mit dem Auto!) nördlich von hier mit elektronischen Bauelementen hantiere, ist dieses hier unvorstellbar.

Unterwegs kommen wir durch einen kleinen Ort, in dem nicht nur die sehr, sehr vielen Hunde hinter uns her sind, sondern uns auch noch eine Horde Kinder regelrecht anspringt und bettelt. Es ist unmöglich sich außerhalb eines Gebäudes hinzusetzen und etwas zu essen, sofort sind wir von kläffenden Hunden umgeben. Da ich sowieso Angst vor Hunden habe, ist dieses hier ein richtiger Albtraum für mich.

Die Landschaft, durch die wir fahren ist unspektakulär. Viele landwirtschaftliche Flächen, die aber häufig nicht mehr bewirtschaftet werden. Wir winken einigen Bauern zu, die gerade das Feld bearbeiten, die Bauern winken zurück und freuen sich. Eine Frau steht vor ihrem Haus, winkt und fragt ob wir Zigaretten haben...

Da wir wieder früh losgefahren sind, erreichen wir bereits am Nachmittag unser Ziel. Der Ort hat nicht mehr als circa 2.000 Einwohner, hat aber ein Hotel. Auf dem Dorfplatz ist es ganz nett, die Häuser sind mit Blumen geschmückt und die Leute sitzen draußen. Wir haben abends um 20:00 Uhr auch noch über 30 Grad.

Wir überlegen, ob wir mit dem Zug weiterfahren. Nach dem Fahrplan zu urteilen, benötigt der Zug für die nächsten 80 Km auch vier Stunden, ist also auch nicht viel schneller als wir. Zudem ist ungewiss, ob wir wirklich dort ankommen, wo wir hinwollen.


Weihnachtsgänse zum einsammeln ...




22.07.2009: Turnu Măgurele - Überfall und Bahnfahrt

Beim Frühstück hören wir gerade, dass gestern ein Radfahrer aus der belgischen Familie von Rumänen - 4 jungen Männern - überfallen worden ist. Wir fahren heute mit dem Zug, alles andere ist uns zu gefährlich. Bin mal gespannt, wo wir ankommen werden...

Wir bewältigen die Strecke von rund 200 Km in rund 9 Stunden. Wir müssen zwei Mal umsteigen, die meisten Leute sind sehr nett und helfen uns die Räder in den Zug zu bringen. Ständig ist die Polizei zugegen und schaut, ob wir belästigt werden. Der Schaffner vertreibt eine Gruppe von Jugendlichen, die versucht uns anzumachen. In einem Expresszug will der Schaffner für die Fahrräder das Geld für eine zusätzliche Fahrkarte haben. Nach langem hin und her, gibt er sich mit der Hälfte des geforderten Betrages zufrieden, allerdings bekommen wir keine Quittung hierfür.

Wir bekommen Hilfe beim Verladen der Räder

Das es auch noch nette Menschen gibt, erlebten wir am Ende unserer Zugreise. Wir fragten einen mitreisenden Rumänen, ob er auch englisch sprechen kann. Darauf hin holte er eine junge Frau, die für uns dolmetschte. So konnten wir erfahren, wo das Hotel im Zielort ist. Sogar eine kleine Zeichnung fertigte die junge Frau an und überreichte uns diese ganz stolz. Wir finden in Turnu Măgurele ein Hotel, allerdings gibt es hier kein fließendes Wasser, dafür handel ich ein Preisnachlass von 20 % heraus. Wie wir später erfuhren, bricht im Sommer die Wasserversorgung regelmäßig zusammen, so dass, wenn es denn mal Wasser gibt, die Wadewanne vollgelaufen lassen wird und so sich auch die Hotelgäste mit dem Vorrat in der Wanne begnügen müssen.

Bis zum Ziel sind es noch gut 400 bis 500 km. Wir versuchen jetzt, den Weg auf der bulgarischen Seite der Donau fortzusetzten. Annette und ich haben zwei eigentlich identische Landkarten von diesem Gebiet. Auf einer Karte ist eine Fähre über die Donau eingezeichnet, auf der anderen Karte nicht.




23.07.2009: Giurgiun, Rumänien - Jeder hat eine zweite Chance verdient (126 km gefahren)

Wir probieren es noch einmal. Mir ist noch der wunderschöne Sonnenuntergang von gestern Abend im Gedächtnis, das Feuer der abbrennenden Stoppelfelder und die Massen von Störchen und Reiher in den Wiesen der Donau.

Heute Morgen zum Frühstück bekamen wir einen Zettel, auf dem wir ankreuzen mussten, was wir haben wollten. Dann passierte gar nichts mehr. Als wir nach einer halben Stunde langsam unruhig wurden, horchte eine Dame am Nachbartisch auf und hetzte in die Küche. Danach wurden aufgefahren. Wir wurden von vorne bis hinten bedient, die Dame vom Nachbartisch musste nur kurze, knackige Befehle erteilen. Nach diesem dann doch noch schönen Frühstück entschlossen wir uns, den Weg auf der rumänischen Seite der Donau fortzusetzen.

Wir fahren auf guten Straßen aus dem Dorf und kommen auch super voran. Es gibt zwar kleine Hügel, aber die stören uns nicht weiter. Es laufen kaum Hunde herum, alles ist irgendwie völlig anders. Bauern sind mit einem von Eseln gezogenen Heuwagen unterwegs, telefonieren aber nebenbei mit einem modernen Handy. In jedem Dorf gibt es einen Mini-Markt, in dem wir Getränke, Eis und Lebensmittel kaufen können. Ein riesiger VW Touareg überholt uns und drängt uns fast von der Straße. Totale Gegensätze hier. Ich könnte ständig meinen Fotoapparat heraus holen und Bilder schießen. Ganz makaber sind die Beerdigungen hier. Hierüber zu berichten, erspare ich mir aber lieber.

Annette erzählte, dass sie vor über 35 Jahren schon einmal in Rumänien war, bis heute hat sich hier aber nichts geändert, außer dass der Zahn der Zeit überall herum genagt hat.

Heute Abend finden wir in einem ***-Sterne-Hotel ein Zimmer, dass wir in Euro bezahlen, denn umgerechnet wäre der Preis in der örtlichen Währung wesentlich teurer. Wir müssen zwar 70,00 Euro bezahlen, aber egal, wir haben einfach keine Lust mehr heute noch weiter zu fahren. Dafür bekommen wir fließend warmes und kaltes Wasser, haben Strom und ein bequemes Bett.

Nachdem wir uns im Hotel frisch machen konnten, gingen wir in den Supermarkt, kauften ein und feierten eine riesige Party...


Heuernte in Rumänien im Jahre 2009




24.07.2009: Тутракан (Tutrakan), Силистра - Abstecher nach Bulgarien (70 km gefahren)

Wir finden schnell aus Giurgiun heraus und fahren heute in Richtung Bulgarien. Über die "Brücke der Freundschaft" kommen wir über die Grenze. Autos müssen eine Gebühr für die Benutzung der Brücke und der Straßen bezahlen, uns winkt der Grenzbeamte durch. Noch nicht einmal unsere Pässe will er sehen. Wir befinden uns immer noch in Europa, auch wenn es häufig nicht den Anschein hat.

Die Strecke ist etwas wellig, aber ohne richtige Berge. Die Straßenschilder sind ausnahmslos in kyrillischen Buchstaben geschrieben. Es wirkt hier touristischer als in Rumänien. Es ist nett hier, aber alles alt. In Тутракан hat das erste Hotel keine Zimmer mehr frei. Ein netter Bulgare zeigt uns auf dem Stadtplan, wo etwas abgelegen noch ein zweites Hotel zu finden ist. Dort kommen wir heute für umgerechnet 20,00 Euro für das Zimmer unter und haben den gleichen Standard wie gestern. Das Hotel liegt oben auf dem Berg, mitten in einem Wohngebiet, zwischen sehr alten Häusern.

Es ist jetzt kurz nach 14:00 Uhr, das Thermometer zeigt über 40 Grad im Schatten an. Es ist unmöglich bei diesen Temperaturen weiter zu fahren. Wir haben das Gefühl, dass der Asphalt auf der Straße beginnt sich aufzulösen.

Hier in Bulgarien ist es wesentlich schöner als in Rumänien, wir werden nicht ständig angegafft, es laufen hier keine wilden Hunde herum, alles ist entspannter. Am Abend trauen uns hier sogar in den Ort zu gehen.


Von der bulgarischen Seite aus ein Blick auf die Donau




25.07.2009: Silistra, Bulgarien (70 km gefahren)

Schon vor 8:00 Uhr sind wir auf dem Rad, Frühstück haben wir heute nur ein Joghurt zu uns genommen. Eigentlich war es bei diesen Temperaturen schon viel zu spät. Es ist bereits wieder um die 25 Grad. Als wir aufbrechen sind schon alle sehr geschäftig. Die Bauern auf den Feldern ernten in Handarbeit die Melonen und legen sie auf einen Pferdekarren. Der Verkehr hält sich in Grenzen. Im Laufe des Vormittags wird es immer wärmer. Wir fahren und wollen nur noch ankommen.

In Silistra kommen wir fünf Stunden später an und suchen gleich ein Hotel. Hier können wir die Räder in einer Garage unterstellen. Das Wetter macht uns bewegungsunfähig und müde. Ich lege mich aufs Bett und schlafe sofort ein.

Später am Abend gehen wir in die Stadt. Viele Gebäude sind neu gebaut, so wie das Einkaufszentrum in dem uns mit Wasser und Lebensmitteln eindecken können. Insgesamt erkennen wir hier gut eine Umbruchstimmung, die Leute sind bemüht alles neu zu machen.

In einem Lokal an der Donau finden wir ein schattiges Plätzchen und lassen den Tag ausklingen.


Kurz nach 8:00 Uhr sind wir bereits unterwegs


Die Hitze in der Mittagszeit macht uns bewegungsunfähig




26.07.2009: Geschafft, jetzt fängt der Urlaub an (145 km gefahren)

Morgens um 6:30 Uhr holten wir unsere Räder aus der Garage uns fuhren los. In der Nacht zuvor hatte es ein heftiges Gewitter mit starkem Regen gegeben, so dass es heute etwas kühler war.

Wir kommen schnell aus dem Ort heraus und fahren bald wieder über die Grenze nach Rumänien hinein. Natürlich kommen gleich hinter der Grenze wieder die Hunde zu uns hergelaufen. Es geht ostwärts in Richtung Schwarzes Meer. Wir fahren durch sehr kleine Orte. Innerhalb der Orte besteht der Straßenbelag aus großem Kopfsteinpflaster. Wir fahren gegen den Wind und müssen einige Höhenmeter überwinden.

Die Landschaft hier ist sehr schön, nur innerhalb der Orte ist es wie vor hundert Jahren. Es gibt keine Infrastruktur auf dieser Strecke. Wir finden weder ein Geschäft noch ein Lokal. Man gut, dass wir vom Hotel ein Lunchpaket mitbekommen haben. Nach 80 Km machen wir unsere erste kleine Pause, dann geht es aber gleich weiter. Bevor sich Annette zum Schlafen ins Gras legen kann, dränge ich zum Weiterfahren.

Kurz vor Constanţa finden wir ein Lokal, in dem wir uns ein Alster mixen lassen. Der Wirt kannte diese Art von Getränk zwar nicht, freute sich aber riesig, dass er uns weiterhelfen konnte. Nach gut 9 1/2 Stunden reine Radzeit haben wir 145 Km hinter uns gebracht. Wir sind in Constanţa, beziehen in einem netten Hotel unser Quartier und beginnen unseren Urlaub ....


Jetzt kann der Urlaub beginnen, Constanţa ist erreicht




27.07.2009: Sightseeing in Constanţa (40 km gefahren)

Heute ist es ganz entspannt. Wir organisieren die Fahrt zum Flughafen, schauen uns das Urlaubsgetto von Mamaia an und bummeln einfach nur so herum. In Wikitravel heißt es: "Mamaia ist eine Badeort an der rumänischen Schwarzmeerküste. Sie bietet alles, was ein guter Badeort benötigt und zieht viele Reisende an. Für den Sommerurlaub: perfekt! Mamaia ist ein Getto, eingezäunt, damit keine Hunde und auch keine bettelnden Kinder Zugang haben. Na ja, wer es braucht... Ich bin jedenfalls nicht über 3.800 km gefahren um mich jetzt einschließen zu lassen.


Das Ziel der Reise ist erreicht: Das Scharze Meer bei Constanţa




Weiter zum Ende der Reise

 


Diese Seite wurde zuletzt geändert am: 19.05.2016  

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